Am Capo Testa und in der Gallura
Ein schöner Segelwind weht Dude über die Straße von Bonifacio nach Sardinien. Unser erster Ankerplatz in Italien ist umrahmt von den gewaltigen Granitformationen des Capo Testa. Wir freuen uns über den schönen Ankerpatz und die gute Überfahrt nach Sardinien – doch leider zu früh.
Faro di Capo Testa – Im Hintergrund: Die korsische Küste
Herzschlagmomente
Am frühen Abend rudern wir kurz an Land um noch für einen gemütlichen Grillabend einzukaufen. Wir sind gerade im Mini-Market, als sich eine dunkle Gewitterfront nähert. Ehe wir zu unserem Schiff zurückpaddeln können weht es bereits mit sturmstärke. Der Wind steht direkt in die Bucht und am Strand baut sich innerhalb kurzer Zeit eine gewaltige Brandung auf. Dude beginnt in der zunehmenden Welle heftig am Anker zu zerren und wir können nur ohnmächtig zuschauen und hoffen, dass unser Bügelanker hält. Unser Außenborder hängt unerreichbar am Heckkorb von Dude – unmöglich mit unserem Schlauchboot gegen Wind und Welle anzupaddeln. Nach längerem Warten und Bangen naht Rettung in Form unserer französischen Ankerplatznachbarn. Die Beiden wurden ebenfalls vom Gewitter am Strand überrascht, haben aber im Gegensatz zu uns ihren Außenbordmotor am Dinghi. Die beiden wollen uns helfen und uns hinaus zu Dude schleppen. Nach vielen vergeblichen Versuchen mit den beiden Dinghis durch die Brandung zu gelangen, schaffen wir es schließlich und erreichen Dude völlig durchnässt und erschöpft. Sofort gehen wir Anker auf und motoren in der Dämmerung um das Kap zum gegenüberliegenden Ankerplatz La Colba. Hier sind wir in Sicherheit, liegen geschützt und ruhig, während auf der anderen Seite die Brandung auf den Strand donnert. Das war echt knapp. Wir ziehen Bilanz: Wir haben ein paar blaue Flecken und Olaf ist am Strand in einen Seeigel getreten. Sein Fuß ist voller abgebrochender Stacheln und er hat starke Schmerzen. Davon abgesehen haben wir großes Glück gehabt. Hätte der Anker in dieser Situation nicht gehalten, wäre das höchstwahrscheinlich das Ende unserer Reise gewesen – eine ernüchternde Einsicht.
Der Granit der Gallura – Wanderung im Valle della Luna
Wir bleiben einige Tage am Capo Testa. Olaf ist durch seine Bekanntschaft mit dem Seeigel etwas eingeschränkt und so wandere ich allein am Capo Testa. Mein Ziel ist das Valle della Luna (mehr dazu…), legendäres Hippietal und seit den 70er Jahren Sehnsuchtsziel so manches Alltagsmüden. Schon in der Antike wurde das Tal als Steinbruch genutzt und so gibt es riesige symmetrisch behauene Granitquader aus der Römerzeit zu bestaunen. Das abgelegene Valle della Luna ist nur zu Fuß zu erreichen und so wandere ich auf einem steilen Pfad vorbei an bizarren Granitformationen hinab ins Tal. Wind, Wasser und Sonne haben über die Jahrtausende ganze Arbeit geleistet und eine märchenhafte Kulisse aus Granit, Macchia und Meer geschaffen. Ich treffe sogar auf einige versprengte Hippies, die in den Höhlen des Tals hausen und auf ihren Trommeln schlagen.
Abendstimmung im Golfo di Arzachena bei Cannigione
Italien at its best: Cannigione und der Golfo di Arzachena
Wir segeln weiter entlang der Nordküste in den Golfo di Arzachena und ankern vor Cannigione. Der kleine Ort ist sehr italienisch mit bunten Häuschen, netten Läden, Cafés, Restaurants und quirligem Leben. Die nur wenige Kilometer entfernte Costa Smeralda mit ihren Millionärsvillen erscheint Lichtjahre weit weg von hier.
Cannigione – Waschtag
Wir bleiben einige Tage in Cannigione bevor wir weiter zur Costa Smeralda und entlang der Ostküste nach Süden segeln.
Dude und Baradal ankern vor den Höhlen der Cala Luna im Golfo di Orosei
Es ist für alles gesorgt – sogar am Ankerplatz
Life is good!
Im Süden
Wir runden das Capo Carbonara und sind an der Südküste von Sardinien angekommen. Am Capo Carbonara genießen wir das kristallklare Wasser, bevor es nach Cagliari weitergeht. Wir verbringen eine Nacht in der Hauptstadt Sardiniens und bummeln durch die engen Gassen. An der Uferpromenade erleben wir am 27. Juli die totale Mondfinsternis. Der Blutmond scheint rot und riesig über dem Meer – still und staunend stehen wir davor.
Die römischen Ausgrabungen von Nora am Capo di Pula
Nora – antiker Ankerplatz
Am Capo di Pula ankern wir vor den teilweise versunkenen Ruinen der antiken Stadt Nora. Nora ist eine phönizische Gründung aus dem 9. Jahrhundert vor Christus. In der geschützten Bucht vor der markanten Halbinsel ankerten schon viele. Die Phönizier, die Punier, die Römer und nun – viele Generationen später – wir.
Nora war in römischer Zeit eines der bedeutendsten Handelszentren im Mittelmeerraum, aber mit dem Niedergang des römischen Imperiums verlor die Stadt rasch an Bedeutung, wurde im 4. oder 5. Jahrhundert aufgegeben und schließlich im 19. Jahrhundert wiederentdeckt. Im Lauf der Zeit sind Teile der Halbinsel im Meer versunken so befinden sich insbesondere die alten Hafenanlagen heute unter Wasser. Nora wird noch immer archäologisch erforscht und die Ausgrabungen dauern an. Höchst spannend! Die Besichtigung von Nora ist in nur kleinen Gruppen unter der Führung von Archäologen möglich. Da bin ich dabei.
Für mich ist der Besuch von Nora eines der eindrucksvollsten Erlebnisse der bisherigen Reise. Die verglichen mit Pompei oder anderen antiken Stätten relativ unbekannte Ausgrabung erlebe ich hautnah und ohne Touristenmassen. In der kleinen Gruppe wandere ich auf den alten Straßen und Wegen durch die antiken Gebäude, nur ab und zu durch zurückhaltende Holzstege ergänzt. Man darf betasten, befühlen, berühren.
Im Juli findet im antiken Theater das Festival „La Notte dei Poeti“ (mehr dazu…) statt. Leider ist das Festival gerade vorbei als wir ankommen. Sehr schade, da wäre ich gerne hingegangen.
Die Madonna del Mare di Nora hat Geburtstag
Rechtzeitig da sind wir zum Fest der Schutzheiligen von Pula, der Madonna del Mare. Vor der mittelalterlichen Wallfahrtskirche sind unter freiem Himmel lange Tafeln aufgebaut. Es gibt gegrillten Fisch, Fleisch, Würste – wie in Villariba aus der Werbung. Nach dem Gottesdienst spielt eine Band auf, das ganze Dorf ist auf den Beinen.
Der Sommer ist da: Porto Zafferano
Westwärts
Mit Kurs West bummeln wir entlang der Küste. In kleinen Etappen erkunden wir die Ankerplätze des Südens bis nach Portopino. Wir baden, lesen, genießen.
Immer wieder ziehen Gewitterfronten über uns hinweg. Selbst jetzt, Anfang August, will sich einfach kein stabiles Sommerwetter einstellen. Es ist wie verhext. Nach einigen schönen Tagen, erneut Gewitter mit Sturmböen, Regen, Wind.
Auf nach Menorca
Von Portopino segeln wir zur vorgelagerten Isola di San Pietro. Von hier aus sind es nur knapp 200 Seemeilen nach Menorca, unserem Nächsten Ziel.