Die alte Welt
Knapp 1000 Seemeilen sind es von den Azoren bis nach Lissabon, unserem nächsten Ziel. Der portugiesische Norder ist uns gnädig gesonnen und nach einer Woche auf See erreichen wir am 7. Juli Cascais an der Mündung des Tejo, 25 km westlich von Lissabon. Wir haben das europäische Festland erreicht. Ab jetzt können wir gemütlich in Tagesetappen von Bucht zu Bucht bummeln. Die langen Hochseetörns liegen endgültig hinter uns. Wir sind gleichzeitig wehmütig und erleichtert.
Bei unserer Ankunft herrscht reges Treiben in der Bucht von Cascais. Gerade findet die Segel-WM in verschiedenen Jollen-Klassen statt. Wir bestaunen die schnellen Tornados, 490er & Co., die in der Nähe unseres Ankerplatzes ihre Regatten austragen. Dagegen ist Dude ein richtig behäbiges Dickschiff. Wir setzen mit dem Dinghi zum Hafen über. Auch dort steht alles im Zeichen der WM.
Bald treffen auch Maren und Uwe in Cascais ein und ankern neben uns. Gemeinsam erkunden wir die Umgebung mit Bus und Bahn. Wir besuchen den Torre de Belem, das Denkmal Heinrichs des Seefahrers und natürlich das Marinemuseum in Belem. Portugals große Vergangenheit als Seefahrernation wird hier eindrucksvoll dargestellt. Ein Tagesausflug führt nach Sintra, der alten Königsstadt. Über das Cabo da Roca, dem westlichsten Punkt Europas, geht es zurück nach Cascais.
Auf den Spuren der Seefahrer, Lissabon
Wir motoren den Tejo hinauf nach Lissabon. Mit dem eigenen Boot da zu sein, wo die alten Seefahrer mit ihren Flotten zur Entdeckung der Welt aufbrachen, ist schon ein tolles Gefühl – Gänsehautfeeling pur. Vorbei geht es am Torre de Belem und unter der Alcantara Brücke hindurch zum Doca de Alcantara, einem Hafen ganz in der Nähe der Innenstadt Lissabons. Der Hafenmeister weist uns einen geschützten Liegeplatz mit Wasser und Stromanschluss zu. Der Entdeckung Portugals steht nun nichts mehr im Wege.
Lissabon, Stadt des Lichts. Wir bummeln durch die Gassen, Fahren mit der Straßenbahn hoch hinauf zu luftigen Aussichtspunkten, laben uns an den portugiesischen Köstlichkeiten, verbringen viel Zeit in Straßencafés und in urigen Kneipen. Unser Nachholbedarf an europäischem Großstadtleben ist groß. Dann mieten wir uns gemeinsam mit Maren und Uwe ein Auto, um mehr von Portugal zu sehen.
Porto, Templer, Ikea
Zunächst fahren wir nach Porto. In Porto finden wir schnell eine günstige Pension und beschließen über Nacht zu bleiben. Die Stadt mit ihrem morbiden Charme bezaubert uns sofort. Wir schlendern durch die engen Gassen, trinken ein Glas Portwein am Ufer des Duoro und machen eine Führung durch die Keller der berühmten Portweinschmiede Sandeman.
Auf dem Rückweg machen wir einen Abstecher zur Templerburg in Tomar. Als der Orden 1312 europaweit aufgehoben und in Frankreich blutig verfolgt wurde, wurde er in Portugal einfach unter dem Namen Christusritterorden neu gegründet. Die Templer fanden in Tomar eine Heimat und konnten auf diese Weise in Portugal überleben.
Dann steht ein weiterer Höhepunkt der abendländischen Kultur auf unserer Agenda: Ein Einkaufsbummel bei Ikea Portugal. Durch unsere lange Zeit in der Karibik sind wir eindeutig auf Entzug.
Kurs Süd
Nach einer weiteren Tagestour nach Evora, verabschieden wir uns von Lissabon. Wir segeln bei herrlichem Wind und strahlender Sonne entlang der Westküste Portugals nach Süden. Mit Zwischenstopps in Sesimbra und Sines, runden wir das berühmte Cabo Sao Vicente, das südwestliche Ende des europäischen Kontinents. Die Algarve an der Südküste Portugals ist erreicht.
Wir ankern in zwischen hohen Felsen in der Ensenada de Sagres in Sichtweite der von Heinrich* vor 600 Jahren gegründeten Seefahrerschule von Sagres, Hort des nautischen und geografischen Wissens in der Zeit der großen Entdeckungsfahrten. Das Licht und die Farben des Südens sind hier besonders schön. Der kleine Ort Sagres wurde noch nicht vom Tourismus überrollt und ist wunderbar ursprünglich geblieben. Bei gegrillten Sardinen und Weißwein in der örtlichen Taverne, beschließen wir erst einmal drei Tage hierzubleiben. Dann soll es weitergehen, entlang der Algarve zur Costa de la Luz.
*Lesenswert: „Auf, ins Meer der Finsternis“ – biografischer Bericht über Heinrich den Seefahrer in der Zeit Nr.45/2010