Fast ein halbes Jahr waren wir nicht mehr an Bord. Ein halbes Jahr in dem sich für uns vieles verändert hat.
Im Januar haben wir Marblu gegründet. Unsere Zeit und Energie fließt seither in den Aufbau unseres Unternehmens. Wir haben uns wieder in unserer alten Wohnung in Stuttgart eingerichtet und sind im Leben an Land angekommen. Der Überfluss an Wasser, Energie und Platz erstaunt mich nicht mehr und ich steige ohne darüber nachzudenken in unser Auto, das vor der Türe steht. Zum Supermarkt laufen wir nicht mehr mit unseren Expeditionsrucksäcken auf dem Rücken und Wäschewaschen ist keine Tagesaufgabe mehr.
Oft denke ich an die Zeit der Freiheit und des Abenteuers zurück, an die Abende im Cockpit und an den unendlichen Sternenhimmel in den Nächten auf See. Doch die Vernunft hat (zunächst) gesiegt. Wir sind uns einig: In den nächsten Jahren wollen wir unser Leben auf ein solides Fundament stellen um dann unbeschwert und frei wieder loszusegeln.
Ehe uns der Alltag wieder völlig gefangen nimmt, gönnen wir uns nun eine letzte kleine Flucht. Einen langen Mittelmeer-Sommermonat wollen wir noch einmal auf Dude unterwegs sein – von Ibiza über Mallorca und Menorca nach Südfrankreich segeln und dort das Schiff an Land stellen. Und erst dann darüber nachdenken wie es weiter gehen soll mit uns und unserem Boot. Verkaufen? Behalten und darauf hoffen, dass wir bald wieder loskommen? Eine schwierige Entscheidung, die es zu treffen gilt.
Santa Eulalia, Ibiza:
Im Dezember 2007 sind wir nach Hause geflogen und haben DUDE in der Marina Santa Eulalia auf Ibiza zurückgelassen. Am 26. Mai 2008 sind wir wieder hier und es ist, als ob wir nicht weggewesen wären. Unser Boot liegt unversehrt am Steg und uns fällt ein Stein vom Herzen. Die kuschelige Vorschiffkoje mit der großen Luke, die uns mit Blick auf den Sternenhimmel einschlafen lässt, unsere kleine Küche in der wir groß kochen, der gemütliche Salon mit dem honigfarbenen Holz, das luftige Cockpit mit dem einladenden Teaktisch – wir fühlen uns sofort zuhause und angekommen.
Auch unsere Freunde Maren und Uwe von der Heavy Metal sind hier und in der örtliches Tapas-Bar schmieden wir Pläne für den kommenden Monat.
Sommertörn
Aufklaren, einkaufen, die Gasflaschen tauschen, auschecken und schon fahren wir tags darauf hinaus. Mit einem Zwischenstopp in der Cala San Vincente im Norden Ibizas segeln wir nach Puerto Andraitx auf Mallorca.
Umgeben von den Villen der Schönen und Reichen liegen wir in dem großen Naturhafen gut geschützt vor Anker. Das Wetter ist stabil und so wagen wir gemeinsam mit Maren und Uwe einen Tagesausflug mit dem Bus. Ziel: Palma. Als erstes statten wir der Nationalparkbehörde einen Besuch ab. Wir wollen zur Insel Cabrera segeln. Cabrera steht unter strengem Naturschutz, übernachtet werden darf nur mit Genehmigung der Behörden an für Besucheryachten ausgelegten Bojen. Die freundlichen Beamten wünschen uns viel Spaß als sie uns die kostenlose Genehmigung für zwei Übernachtungen überreichen. Zufrieden bummeln wir durch Palma ehe es mit dem Bus zurück nach Antraitx geht.
Da unser Permit erst in drei Tagen gilt, vertreiben wir uns die Zeit in der Cala Portals. Von dort sind es nur knapp 30 Seemeilen nach Cabrera – ein Tagesschlag.
Lieblingsplatz
Wir sind schon das dritte Mal auf Cabrera und wieder nimmt uns der Zauber dieses unbewohnten Archipels gefangen. In einem weiten Naturhafen, umgeben von den Farben und Gerüchen des Mittelmeers scheint Dude in dem glasklaren Wasser zu schweben.
Nach Abfahrt des letzten Ausflugsbootes am späten Nachmittag wird es still. Nur eine Handvoll Yachties und die wenigen Parkranger bleiben zurück. Wir sitzen im Cockpit und schauen der Sonne beim Untergehen zu. Es sind diese magischen Momente, die mich alle Unbequemlichkeiten des Schiffslebens vergessen lassen.
Menorca, die Schöne
Wir erreichen Puerto Pedro, an der Ostküste Mallorcas. Zusammen mit vielen anderen Fahrtenyachten haben wir hier 2005 einige Tage gut geschützt gelegen. Gerne denken wir an den schönen Ankerplatz und die netten Abende in den urigen kleinen Tavernen am Hafen zurück. Jetzt, drei Jahre später, ist alles anders.
Wie an vielen Orten der Balearen, hat man auch hier dem freien Ankern ein Ende bereitet. Es wurden Bojen ausgelegt – nur an diesen darf fest gemacht werden und das auch nur wenn man sich drei Tage vorher telefonisch oder online anmeldet. Noch sind die Bojen kostenfrei, aber auch das wird sich wahrscheinlich bald ändern.
Zwei Bojen sind frei und so dürfen auch ohne Anmeldung bleiben. Das Wetter ist schlecht und unsere Bojen sind Wind und Schwell voll ausgesetzt. Dude und Heavy Metal rollen in der Dünung und uns fliegen die Tassen vom Tisch. Im anderen Teil der Bucht würden wir gut geschützt und ruhig liegen. Hier sind alle Bojen belegt, es wäre aber noch viel Platz zum Ankern. Hier sind zwar alle Bojen belegt, es wäre aber noch viel Platz zum Ankern. Das Regime ist hart – es gibt keine Ausnahmen, Ankern ist verboten. Drei Tage bleibt das Wetter schlecht und wir schaukelnd an unserer Boje.
Am vierten Tag brechen wir einigermaßen zermürbt nach Menorca auf. Menorca, die Schöne, entschädigt jedoch für vieles.
Wir ankern in azurblauen Calas, wandern, baden, faulenzen, sitzen in Strandkneipen mit den Zehen im Sand. Die Tage vergehen viel zu schnell.
Geografie: Note 6 – setzen
Wir haben zuhause im Internet nach Landstellplätzen in Südfrankreich gesucht und sind fündig geworden. Die Marina von Saintes-Mairies bietet Trockenliegeplatze zu sensationell günstigen Preisen. Die Hauptstadt der Camargue, das ist es: Wir schlagen zu und buchen einen Landstellplatz für ein halbes Jahr.
Zwei Segeltage später nähern wir uns der Hafeneinfahrt und wundern uns: Den Hafen hätten wir uns etwas größer vorgestellt und wo ist das Trockendock mit den Landstellplätzen?
Als wir im Marina Büro vorsprechen und unseren Krantermin bestätigen wollen, ernten wir verständnislose Blicke. Noch nie hat man von uns oder unserem Schiff gehört, auch Landstellplätze gibt es hier keine. Als wir unser Bestätigungsemail hervorkramen kann sich die freundliche Dame am Empfang vor Lachen kaum halten. Wie man in Frankreich weiß gibt es ein weiteres Sainte-Mairie (ohne de-la-Mer) im Languedoc nahe der spanischen Grenze – dort haben wir reserviert. Dumm gelaufen. Es ist nichts zu machen. Hier bleiben können wir nicht.
Wir haben unseren Rückflugtickets bereits gebucht. In drei Tagen geht es zurück – mit Ryanair ab Montpellier. Langsam werden wir etwas nervös. Ich kratze mein Französisch zusammen und rufe bei Navi Service in Port St. Louis du Rhône an. Wir kennen dieses riesige Areal mit seinen unzähligen Landstellplätzen bereits. 2005 waren wir nach unserer Flußreise eine Woche dort um Dude segelklar zu machen. Es ist hässlich, dreckig und staubig und eigentlich wollten wir dort nie wieder hin. Jetzt bleibt uns aber keine Wahl: Bei Navi Service hat man noch einen Stellplatz für uns frei, kranen können wir am übernächsten Tag.
Nach einer Nacht im Hafen des echten Les-Saintes-Mairies-de-la-Mer legen wir zähneknirschend ab und segeln die 30 Seemeilen nach Port St.-Louis-du-Rhône. Dort wird Dude am nächsten Tag ausgekrant und für die nächste Zeit an Land gestellt.
Ein Taxi bringt uns einigermaßen erschöpft nach Montpellier und wir treten unseren Heimflug an.