Ende März sind wir zurück nach Portugal geflogen. Jetzt ist es Anfang April und Dude liegt nun schon seit einem halben Jahr in der Marina de Portimao. Mit aller Macht hält der Frühling Einzug an der Algarve und unsere Seefieberkurve steigt. Wir wollen weiter. Es riecht nach Sommer und Segeln und Abenteuer.
Doch bevor es losgehen kann müssen wir aufs Trockene. DUDEs Unterwasserfarbe hat sich in der letzten Saison vom Rumpf abgelöst. Kein Wunder, die ältesten Farbschichten stammen aus dem Jahr 2005, als wir das Schiff in Lanzarote bis aufs blanke Aluminium abgeschliffen haben. Wir haben uns dazu entschlossen, DUDEs Unterwasserbereich Sandstrahlen zu lassen. In Deutschland unbezahlbar, hier jedoch durchaus erschwinglich. Darüber hinaus wartet eine endlos lange Liste von kleineren und größeren Arbeiten auf Erledigung.
Olaf der Postmann
In Deutschland haben wir alles Nötige besorgt und in acht großen Kisten per DHL nach Portugal verschickt. Das freundliche Marina Büro nimmt Pakete für die Hafenlieger entgegen. Schon etliche Bestellungen haben uns wohlbehalten und problemlos erreicht. Die Adresse haben wir zur Sicherheit trotzdem noch einmal groß und deutlich ausgedruckt und mit Bootsnamen und Telefonnummer versehen auf jede der Kisten sorgfältig aufgeklebt. Aber es kommt wie es kommen muss. Zwei der Pakete kommen an. Zwar an unterschiedlichen Tagen aber egal. Bei den restlichen, den Großen und Schweren, zeigt das Tracking seit nunmehr einer Woche an: „Adressfehler, das Paket konnte nicht zugestellt werden, die Adresse wird ermittelt“. Olaf erinnert sich, dass wir mit dem Mietwagen auf dem Weg vom Flughafen kurz vor Faro an einem großen DHL Auslieferungslager vorbeigekommen sind. Wir haben das Auto noch bis morgen und so fährt Olaf auf gut Glück zu DHL nach Faro. Und siehe da, nachdem er unsere Einlieferungsbelege vorzeigt wird auch schon ein Wagen herbeigerollt, auf dem unsere fehlenden Pakete fein säuberlich aufgestapelt sind. Wir haben nur eine Erklärung: Vom Paketboten als zu schwer eingestuft und bis auf weiteres ins Lager verbannt. Glücklich belädt Olaf unseren Miet-Panda und liefert unsere Pakete pünktlich direkt zum Boot.
Die Arbeitsliste ist lang
Unser erstes Projekt realisieren wir gleich am Steg und befestigen die neuen Solarpaneele mit Tenax-Knöpfen auf unserem Bimini-Sonnendach. Danach verkabeln wir die Paneele und schließen sie an einen unserer neuen Regler von Victron Energy an. Dadurch gewinnen wir weitere 100 Watt. Unser Ziel ist es, mit den Solarzellen unseren kompletten Energiebedarf zu decken. Zusammen mit zwei festen Paneelen an unserem Geräteträger und weiteren mobilen Paneelen kommen wir nun auf eine Leistung von insgesamt 400 Watt. Das sollte uns reichen.
An Land
Für das Sandstrahlen muss DUDE an Land gesetzt werden. In Portimao gibt es ein Trockendock und so fahren wir hinaus aus dem vertrauten Hafen und ca. 1 Seemeile den Fluss Arade hinauf zum Bootsplatz, dem sehr gepflegten Estaleiro, den die Marina de Portimao hier betreibt. Ein Kran hebt uns am 10. April aus dem Wasser, fährt unser Boot zu seinem Standplatz. Die Arbeit kann beginnen.
Das Sandstrahlen verzögert sich um einige Tage, da die von uns beauftragte Firma die Farbe für den Erstanstrich nicht vorrätig hat. Der Erstanstrich muss gleich nach dem Sandstrahlen aufgespritzt werden um das rohe Aluminium zu versiegeln bevor es an der Luft oxydiert. Die weiteren Farbschichten können wir dann selbst malen. Die Farbe für den weiteren Anstrich haben wir schon. Sie ist in einer unserer Deutschland-Kisten.
Malen
Wir haben aber genug zu Tun und so wagen wir uns an das Projekt: „Deck mit Antirutsch Lackierung versehen“. Bei der Decksanierung in Stuttgart haben wir nicht ausreichend Antirutsch Granulat in die Farbe gemischt, mit der Folge, dass sich unser Deck bei Nässe in eine Schlittschuhbahn verwandelt. Das ist gar nicht gut, mehrmals sind wir im letzten Sommer an Deck ausgerutscht, zum Glück ist nichts passiert.
Unser Plan ist, das Deck entlang der Laufflächen sorgfältig abzukleben, mit einer erneuten Lackschicht zu versehen und dann als Antirutsch-Beschichtung extra für solche Zwecke hergestellte Glasperlen in den nassen Lack einzustreuen. Das ist gar nicht so leicht. Die Glasperlen sind winzig klein. Wir besorgen uns einen Streuer wie man ihn für den Cappuchino-Kakao verwendet, aber selbst damit ist es sehr schwer die Glasperlen einigermaßen gleichmäßig zu streuen und dabei gleichzeitig mit den Socken nicht in die frischlackierten Flächen zu tapsen – und – damit nicht genug: Vom Winde verweht sind sie, die Perlen, beim leisesten Lufthauch.
Am nächsten Tag ist der Lack trocken und um unsere Antirutsch- Beschichtung endgültig zu fixieren malen wir eine weitere Lackschicht darüber. Die Mühe lohnt sich. Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden. Sowohl Barfuß als auch mit Schuhen hat unser Deck nun einen tollen Grip.
Schweißen
Parallel dazu machen wir uns daran die Mittelklampe zu reparieren, die uns unser Nachbar im letzten Jahr während des Gewitters in Mahon nahezu weggehebelt hat. Zuerst zerstören wir die noch vorhandene Verbindung zwischen Klampe und Deck noch weiter, indem wir die Farbe wegschleifen und den Riss mit Flex V Förmig öffnen. Dann kommt Ruben, der örtliche Aluschweißer, und legt eine dicke neue Naht rund um unsere Klampe.
Strahlen
Endlich ist die Farbe angekommen und die Sandstrahlerei kann beginnen. Anstatt wie es in Deutschland Vorschrift wäre ein Zelt um Dude herum zu bauen inklusive Absauganlage, werden hier einige Planen angeheftet und mit Steinen beschwert, dann kann die Arbeit auch schon beginnen.
Statt die Absauganlage an einem Zelt anzubringen wird sie hier in Portugal direkt an der Person befestigt. Es ist vielleicht etwas warm unter der Marsianer Ausrüstung, funktioniert aber gut. Wenige Stunden später ist der Rumpf von DUDE blank und bald darauf wird die Grundierung gespritzt. Wir können mit dem Malen des neuen Unterwasseranstrichs beginnen.
Bei Claudio
In unserer Mittagspause gehen wir fast immer zu Claudio. Er betreibt sein Büdchen gleich neben dem Werftgelände und gemeinsam mit den Fischern und Werftarbeitern sitzen wir auf wackeligen Plastikstühlen im Schatten und essen zu Mittag. Die Mama kocht hinter einem Perlenvorhang und bringt die Bestellung selbst heraus. Es gibt jeden Tag eine frischgekochte Suppe, ansonsten Burger, Pommes, verschiedene Sandwiches oder Fischbuletten. Wir bezahlen inklusive Getränk nie mehr als 3,50 Euro pro Person. Claudios Büdchen ist garantiert touristenfrei. Gut auch, dass die deutsche Gaststättenkontrolle hier nicht zuständig ist, hinter den Perlenvorhang wollen wir besser nicht schauen. Uns schmeckt das Essen jedenfalls hervorragend und es bekommt uns gut, vielleicht sind inzwischen wir aber auch abgehärtet.
Weiter gehts
Da das Unterwasserschiff sechs Farbschichten benötigt, streichen wir in der nächsten Woche eine Schicht pro Tag. Nachdem das erledigt ist, arbeiten wir den Rest unserer langen Arbeitsliste ab.
Wir montieren und verkabeln das neue feste Solarpanel am Heckträger, dazu müssen wir das vorhandene Paneel um 90° drehen.
Ich hole einmal wieder die Le Tonkinois Farbdose heraus und verpasse dem Salon und dem Cockpittisch einen neuen Anstrich – das heißt bei diesem ölbasierten Einkomponentenlack mindestens drei Schichten malen, damit es eine Weile hält . Bei der Gelegenheit bessere ich gleich alle abgenutzten und angeschlagenen Stellen aus.
Liebesnest
Auf dem benachbarten Motorboot hat sich ein schwer verliebtes Mövenpaar ein romantisches Hideaway geschaffen. Unter lauten Lustbekundungen geht es über Tage hinweg ordentlich zur Sache. Da unsere Schlafzimmerluke genau auf Höhe des Sonnendeck-Liebesnests ist, sind wir live dabei bei der Vögelei.
Einige Zeit später
Nach über drei Wochen an Land sind wir fertig und DUDE wird zurück ins Wasser gesetzt. Endlich sind wir dem Bootsplatz entronnen. Der Motor springt gleich an und glücklich fahren wir zurück zum Hafen. Hier wollen wir abwarten bis sich der Sommer vollends durchgesetzt hat, dann starten wir zu unserem Sommertörn 2019.